Ich betrat leise die Schwelle zur Weide.
Sie sollten mich nicht bemerken.
Ich hatte Angst.
Angst ihnen zu begegnen.
Ihnen und damit meiner Angst.
Ich wollte nicht, dass sie meinen Raum der Angst berührten.
Dabei berührte ich ihn selbst. In diesem Augenblick des Seins.
Verstohlen begann ich mit der Stallarbeit.
Bedacht sie nicht zu stören.
Wollte ich sie nicht stören oder mich selbst nicht aufwecken?
So arrangierte ich mich um sie herum und sie sich um mich.
Nach ein paar Tagen schlich sich so etwas wie eine vertraute Routine ein.
Sicherheit und mir vertrauen. Das lernte ich.
Ich spürte das die Angst eigentlich gar keine Angst gebar.
Lediglich Miss-Vertrauen und Ur-Verständnis erhob sie Schritt für Schritt.
Und ich begann zu begreifen, dass ich es war die unwahr war.
Herzklopfen und Neuerfahrung.
Langsamkeit mit Bedacht schafft Raum für Neues ohne Altes zu vermischen.
Das hatte ich so nicht bedacht.
Nun wage ich den nächsten Schritt und öffne meinen Raum für sie.
Ich bin gespannt, was dann geschieht.
Die Angst wich der Erkenntnis „Ich nehme mich mit“. Egal wie viele Masken ich errichte.
Kontrollverlust und Neuanfang:
Die Aufgabe lautete: Mache deinen Standpunkt interessant für das Pferd.
Das Pferd, ein 4-jähriger Wallach interessierte sich nicht die Bohne für mich und den von mir markierten Raum, der meinen Standpunkt symbolisierte.
Ich wollte herausfinden, was „Pferdegestütztes Coaching“ war und befand mich nun mitten im Coaching- Geschehen auf einem kleinen abgetrennten Reitplatz.
Alles um uns herum erschien dem Wallach interessanter als ich.
Darum näherte ich mich ihm. Vorsichtig und ohne Plan, was der Sinn war.
Ich verstand nicht, warum ich mich nähern sollte oder wollte?
Meine alte Angst kroch in mir hoch.
Was, wenn ich versagte?
Was, wenn ich zu dumm war, die Aufgabe zu erledigen?
Was, wenn er mich biss?
Schon beschnupperte er meine Hand, meinen Arm und knibbelte an meiner Jacke. Doch im nächsten Augenblick wendete er sich auch schon wieder den Geschehnissen im Außen zu.
Na toll. Was war jetzt die Antwort auf die Frage, die ich zu Beginn gestellt hatte?
Ich wollte den Überblick. Klarheit. Eine Entscheidung.
Stattdessen spürte ich Tränen, die von innen nach außen hervorquollen.
Was war denn jetzt los?
Ich, die alles im Griff hatte, verlor die Kontrolle.
Als nächstes bekam ich den Führstrick in die Hand und wurde aufgefordert den Wallach damit zu bewegen.
Er folgte mir nicht wirklich.
Er schnitt mir den Weg ab oder blieb stehen oder versuchte erneut meine Jacke zu naschen.
Ich spürte noch mehr Tränen.
Ich versagte hier in meinen Augen völlig. Und das, obwohl ich doch einfach nur kompetent rüberkommen wollte.
Schließlich blieben wir an meinem Standpunkt, symbolisiert dargestellt durch ein Trampolin, stehen.
Ich stieg auf das Trampolin und erinnerte mich selbst daran, dass ich ja atmen durfte.
Ich weinte und suchte gleichzeitig Erklärungen.
Das Pferd war ganz ruhig und zum ersten Mal bei mir.
Ich begann zu verstehen.
Es ging hier nicht um meinen erwünschten emotionslosen Überblick und meinen Kopf, sondern um mich. Und um mich in Beziehung.
Ich war hilflos. Ich wusste, nicht wie ich in Beziehung sein darf und was ich tun muss.
Ich fühlte mich klein und nicht groß.
Unwissend und nicht kompetent.
Beziehungen machten mir also Angst.
Ich hatte also nicht wirklich Angst vor dem Pferd, sondern Angst mich zu zeigen und gesehen zu werden wie ich fühlte.
Ich schämte mich für meine Tränen.
Doch genau dies war die Antwort auf meine Frage: „Wie Pferde ein Beitrag sein können?“
Dieser Wallach zeigte mir den Weg zurück zu meinen Gefühlen. Erschreckend einfach. Erschreckend plötzlich. Erschreckend wahr.
Ich bin noch am verdauen und werde Begegnungen dieser Weise weiter eine Chance geben.